23.08.2022 - Seit mindestens 20 Jahren fahre ich MTB, mit einzelnen Unterbrechungen. Nach einer längeren Pause kaufte ich mir ein neues Trailbike und war bereit, wieder richtig loszulegen. Und einige coole Saisons später mit meinen Bike-Buddies und Trailtouren mit Dirk hatte ich zum Saisonabschluss 2018 leider einen heftigen Crash und brach mir dabei den Oberschenkelhals. Es war nicht mein erster Unfall beim Biken, aber der nachhaltigste. Ich hatte ja eh schon festgestellt, dass ich im Laufe der Jahre nicht mehr so angstfrei wie früher fahre, aber dieses Erlebnis brachte mich völlig aus dem Tritt. Das Bike wurde verkauft (es war sowieso schon etwas angestaubt) und ich setzte wieder einmal für längere Zeit aus.
Auf die Frage meines Reha-Docs "Und, steigst du wieder auf's Bike?" zuckte ich nur mit Schultern. Woraufhin er meinte: "Mach es! Die Leute brechen sich sogar beim Stehen die Knochen - passieren kann immer was." Das brachte mich zum Nachdenken, vor allem, weil ich wusste, wie sehr mir dieser Sport fehlen würde.
Und da ich nun auch keinen anderen Sport so richtig mag, und es sowieso kein Metadonprogramm für einen echten Trailbiker gibt, stand mein Entschluss, es wieder mit dem MTB zu wagen, fest. Kein Sport ist ja auch keine Lösung! Nachdem also mein 40 cm langer Nagel aus dem Oberschenkel draußen war und ich mich wieder normal bewegen konnte, stand auch schon bald ein New-Bike-Day an! :-)
Es war ein Fest! Und zwar nicht nur, weil ich mir das beste und schönste Rad auf dem Planeten aufgebaut habe, sondern weil ich nun während und nach jedem Feierabend-Ride dermaßen glücklich bin. Aber ich wollte das diesmal anders angehen, dem Alter und der Erfahrung entsprechend. Ich wollte meine Unfälle und meine Blockaden nicht einfach übergehen, sondern proaktiv daran arbeiten und richtig damit umgehen. Mein Plan bestand aus zwei Zielen: 1.Ich beschloss, nicht mehr ohne Protektorenshorts zu fahren und kaufte mir zwei sehr bequeme und gut hoffentlich schützende Endura MT500-Shorts. Und 2. ich wollte meine Fahrtechnik verbessern, mit professionellem Input.
Punkt 1 war schnell und einfach abgehakt. Ich fahre heute wirklich alles mit den Protektor-Shorts und es stört mich kein bisschen.
Zur Realisierung von Ziel 2 kam ich auf Dirk zurück, wir kannten uns ja schon von früher. Da ich mich nicht zwischen Level 2 "All Mountain" und Level 3 "Enduro" entscheiden konnte, fragte ich ihn direkt, welchen Kurs er mir empfehlen würde. "Level 1" war seine Antwort und mein Ego erhielt damit eine schallende Ohrfeige! Nach so vielen Jahren MTB-Erfahrung brachte ich es nach seiner Einschätzung offenbar zu nicht mehr als "Level 1"?! Doch Dirk's Intention war eine andere: Erstens bauen seine Kurse sehr stark aufeinander auf. Und zweitens erklärte er mir, dass sich gerade erfahrene Biker mit moderner Fahrtechnik schwer tun, weil sie alte/suboptimale Angewohnheiten mitbringen - aber dazu später mehr.
Und so beschloss ich, alle 3 Kurse in der aktuellen Saison zu absolvieren, um die Basics für jedes Level drauf zu kriegen. In den folgenden Saisons will ich dran zu bleiben und nach Bedarf Kurse wiederholen oder/und Einzeltrainings in Anspruch nehmen, um spezielle Manöver intensiv zu üben. Das alles wird flankiert durch regelmäßige After-Work-Rides auf den Hometrails und einzelne Ausflüge mit dem Bike.
Ja, die Kurse kosten ein wenig Geld. Nachdem ich aber bike- und equipmenttechnisch nun gut aufgestellt bin, geht es mir eher darum, in meine Skills zu investieren, um das Potenzial meines Bikes auch wirklich ausnutzen zu können. Also auf zu Kurs ...
Kurs 1
Wir sind zu fünft, Dirk und ich sind die einzigen beiden Bio-Biker - also diejenigen, die ohne Motor auskommen. Anfangs fühle ich mich stark unterfordert, doch es dauert nicht lange und mir erschließt sich Dirks Empfehlung, mit diesem Kurs zu beginnen.
Inhalte des Level 1 "Tour"
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Grundposition, schön zentral und mit festem Stand auf den Pedalen, nicht auf den Lenker stützend und mit Blick weit nach vorne
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Schleifbremsung und Powerbremsung ohne blockierte Räder (= Gripabriss)
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Balanceübung "Trackstand" inkl. Contest gegen Dirk (es war ein klares Unentschieden, wir beide hätten da noch ewig stehen können)
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einfaches Trailriding in der Grundposition
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Notabstieg über das Hinterrad
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Bergauf-Fahrtechnik (runder Tritt auch mit Plattformpedalen, Wiegetritt)
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Vorderrad und Hinterrad über Hindernisse lupfen
Während mich der Trailride und der Trackstand vor keine größeren Herausfroderungen stellte, war ich überrascht, wie sehr ich damit zu tun hatte, aus der vorsintflutlich-hecklastigen Position weg zu kommen. Das sind Altlasten aus dem MTB-Zeiten von 26 Zoll, kurzen Geometrien und langen Vorbauten. Die Arbeit an einer anständigen und zeitgemäßen Grundposition sollte mich tatsächlich noch einige Zeit nach dem Kurs bei meinen Feierabendrunden beschäftigen. Ebenso war es nicht immer einfach, die Powerbremsung ohne blockiertes Hinterrad, und damit ohne Grip-Abriss auszuführen. Für mich jedoch am schwersten umzusetzen war Dirks Forderung nach einer gemächlicheren, dafür aber kontrollierten Fahrweise. Ich musste wirklich mal raus aus dem Ballermodus. Es war schwer, und damit noch eine weitere Sache, an der ich später noch üben musste.
Fazit zum Level-1-Kurs
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich Kurs 1 so für mich lohnen würde. Ich hatte tatsächlich noch auf einigen Bikeausflügen im Nachgang des Kurses damit zu tun, die Tipps von Dirk wirklich zu verinnerlichen und möglichst sauber umzusetzen. Vor allem hinsichtlich kontrollierter Fahrweise mit sauberer Grundposition. Und mir wurde klar, dass Kurs 1 kein Anfängerkurs ist. Auch wenn er sich vorrangig an Einsteiger richtet bzw. weniger versierte Biker zur Teilnahme einlädt, bietet dieses Level gerade auch für erfahrene Biker den ein oder anderen Aha-Moment. Für mich war es die Grundposition, für andere ist es eventuell eher die Balanceübung. Es hat sich sehr gelohnt! :-)
im level 2 gings schon gut zur Sache
Kurs 2
Diesmal tendierte der E-Biker-Anteil schon gegen null, 3 von 3 Teilnehmern fahren also klassische Mountainbikes. Wir treffen uns in Eisenach - die perfekte Location! Und auf geht's.
Inhalte des Level 2 "All Mountain"
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Wechsel von Grundposition in Attack-Position in anspruchsvollerem Gelände
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Attack-Position, schön tief und "ready to rumble"
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Stufen fahren, schön aktiv mit den Armen und Beinen
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verblocktes Gelände bergauf
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Kurventechnik Schräglage
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Steilstücke, teils auch in Kombination mit Stufen (für die, die sich trauen)
Auch wenn dieses Kurslevel auf dem Papier eine recht überschaubare Anzahl von Bulletpoints hat, war es ein sehr ausfüllender und aufschlussreicher Übungstag. Nach dem Kurs war ich wirklich restlos überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, mein Skills-Level mit Dirks Kursen anzuheben. Erstens konnte ich Dirk zeigen, wie schön ich in der Zwischenzeit an meiner Grundposition gearbeitet habe. Und zweitens hat mich dieser Kurs auch schön gefordert. Dabei hat es Dirk sehr gut hinbekommen, alle Kurs-Teilnehmer ihrem Niveau entsprechend mitzunehmen.
Ein Beispiel: Eine Teilnehmerin hatte anfangs noch eine mentale Barriere bei der Stufentechnik. Dirk hat sie schrittweise, und ohne sie zu überreden oder irgendwelchen Leistungsdruck aufzubauen, dazu gebracht, die Passage doch anständig zu meistern. Der Jubel in der Gruppe war groß. :-) Das verdiente meine Anerkennung und zeigt, dass Dirk nicht nur ein professioneller Biker, sondern auch ein guter Pädagoge ist. Ich hatte jedenfalls ein gutes Stück mehr Spaß bei diesem Kurs, als noch bei Level 1. Dennoch wäre dieses Kurs-Level ohne den ersten Teil der Serie nur ein Fragment.
Zudem gab es für einen der anderen Teilnehmer auch noch einige Tuning-Tipps für sein recht oldschooliges Bike bezüglich Fahrwerk, Bremsen und Cockpit.
Fazit zum Level-2-Kurs
Hängen geblieben ist Dirk's oft wiederholtes Credo: "When it gets steep, stay on your feet!" Und gerade der Übergang von der Grundposition zur tiefen Attack-Position und die damit verbundene aktive Fahrweise plus Schräglage-Kurventechnik war nochmal ein Schlüssel zu Dirk's Trailsurfing-Philosophie. Mit diesen Skills ging es erstmal in den Urlaub nach Österreich inkl. Bikepark-Ausflug. Ich habe das Gefühl Schritt für Schritt ein (noch) besserer Biker zu werden, trotz - und gerade wegen - meiner langjährigen Erfahrung.
Ein wichtiger Baustein für mich, wie schon nach dem ersten Kurs, war das Rekapitulieren der Trainigssession und das fokussierte Üben auf meinen Hometrails.
Und auch dieser Hinweis vom Coach bleibt mir nun stets in Erinnerung: Jede neue Technik braucht 1000 gute Wiederholungen bis sie wirklich sitzt und intuitiv angewendet werden kann!
Kurs 3
Der steht demnächst, und zwar am 2. Oktober an.
Ich werde Euch berichten :-)
Happy Trails
Oli aus Erfurt